SWM Varez 125 Test
Italienisches 125er Motorrad für A1-Führerschein-Besitzer
Das Segment der sogenannten "Einsteigermotorräder", also 125er-Eisen für A1-Piloten, wird schon längst nicht mehr auf die leichte Schulter genommen. Die Hersteller haben inzwischen das Potential dieses Marktsektors erkannt und entwickeln echt ernstzunehmende Bikes für die 125er-Klasse. Auch die italienische Traditionsmarke SWM bringt 2020 das neue Varez 125 Modell.
Zuerst ein kurzes Wort zu SWM. Schließlich liegt die goldene Blütezeit der italienischen Marke schon etwas zurück und "Speedy Working Motors" (SWM) ist nicht allen ein Begriff. Das ursprüngliche SWM existierte von 1971 bis 1984. In dieser Zeit konnte die kleine Italo-Marke vor allem im Motocross und Enduro-Bereich einige sportliche Erfolge feiern. Doch, wie bei vielen anderen kleinen Herstellern auch, fehlte es zunehmend an Geld, die Produktion wurde eingestellt und die Firma geschlossen. Doch auch was 20 Jahre später folgt, ist in der Motorradbranche nichts ungewöhnliches mehr. Der chinesische Unternehmer Gong, Chef der riesigen Shineray Group, belebt SWM 2014 wieder. Die riesigen Fabriken in China sind an der Entwicklung beteiligt und produzieren Bauteile, doch zusammengebaut werden die Motorräder von der SWM-Fabrik in Mailand. So haben SWM-Bikes auch nach dem Reboot noch den "Made in Italy"-Stempel drauf.
Motor und Leistung der SWM Varez 125
So, aber genug zu den wirtschaftlichen und unternehmerischen Hintergründen von SWM. Es geht schließlich um die Varez. Herzstück ist ein Einzylinder-Viertaktmotor mit 124,7 cm³ Hubraum. Er leistet 15 PS bei 10.500 U/min und ist für die Euro 4 Norm homologiert. Dementsprechend ist der Klang aus dem Eintopf eher bescheiden. Aber gut, bei einem Achtelliter-Motor mit Euro 4 Norm darf man sich sowieso keinen mächtigen Sound erwarten. Zur Varez-Modellreihe gehört übrigens nicht nur das 125er-Modell, sondern auch eine A2-Version mit 400er-Motor soll noch kommen.
Optik und Maße der SWM Varez 125
Mein erster Gedanke beim erstmaligen Kontakt mit der Varez 125 war: Verdammt ist die hoch! Mit meinen 185 cm bin ich gut im Durchschnitt in puncto Körpergröße und habe auch bei der Varez keine Probleme, doch aufgefallen ist es mir dennoch sofort. 820 Millimeter Sitzhöhe sind alleinstehend eigentlich nicht weiter aufregend. Doch auf einem Bike, wo sonst alles zierlich, leicht und Einsteiger-freundlich ist, fällt so ein hoher Sitz noch mehr auf. Der hohe Sattel ist für mich zwar nicht zwingend ein Problem, doch generell ist gerade bei Anfängern und jungen Fahrern doch ein niedrigerer Sattel von Vorteil, da ein fester Stand mehr Selbstsicherheit und Kontrolle vermittelt.
Nach der ersten Sitzprobe nehme ich die Optik detailliert unter die Lupe. Seitlich dominiert der rot lackierte Gitterrohrrahmen das Aussehen. Weiße Verkleidungsteile und Tank, mit zahlreichen roten Akzenten und die scharf gezeichneten Linien des Tanks und der Taille sollen ihr einen sportlichen Look geben. Dieser sportliche Look wird vorne vom kreisrunden LED-Scheinwerfer und seiner Lichtmaske etwas abgeschwächt. Wie sehr das Gesamtpaket gefällt, muss jeder für sich entscheiden. Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters, also erpare ich mir ein Urteil. Die Varez 125 gibt es in Weiß und in Schwarz. Besonders positiv aufgefallen ist mir der sehr dezente Kennzeichenhalter.
Funktionalität geht vor! - Armaturen und Getriebe der SWM Varez 125
Die Armaturen und Schalter der Varez 125 sind einfach und funktional gehalten. Sie gewinnen sicher keinen Design-Wettbewerb, doch es ist alles Benötigte vorhanden. Auch das LCD-Display gibt sich funktional und einfach gestrickt. Neben Tankfüllstandanzeige, Drehzahlmesser und Geschwindigkeitsanzeige wäre allerdings noch eine Ganganzeige wünschenswert gewesen. Nicht nur ist es ein nützliches Tool für Fahranfänger, es wäre vor allem im Angesicht des etwas schwammigen Getriebes eine Hilfe. Vor allem im unteren Bereich um den neutralen Gang herum kann die Schalterei etwas undurchsichtig werden. Meistens geht es gut, doch auch ein Abwürgen im ersten oder zweiten Gang bei leuchtender Neutral-anzeige kommt vor. Generell könnten die Schlatvorgänge des 6-Gang-Getriebes etwas knackiger und eindeutiger sein.
SWM Varez 125 Fahrwerk und Bremsen
Sehr knackig ist dafür das Fahrwerk der Varez 125. Die Upside-Down-Gabel mit 41 mm Durchmesser und das Monofederbeim mit Umlenksystem sind beide klar auf sportlicheres Fahren getrimmt. Der Komfort leidet zwar etwas darunter, doch die damit gewonnene Stabilität in sportlicher Kurvenlage macht diesen Nachteil wieder wett. Mit einem vollgetankten Gewicht von nur 144 Kilogramm fällt die Varez sowieso wie von selbst in die Schräglage. Doch das sie dort dann auch brav und stabil bleibt, ist dem harten Fahrwerk zu verdanken. Damit zieht sie sauber durch den Radius und macht gekoppelt mit dem geschwind hochdrehenden Motor richtig Spaß. Die beste Strecke für die Varez ist das Winkelwerk mit engen, sich aneinanderreihenden Kurven. Die schmalen, 17-Zoll Reifen verstärken das Fahrrad-mäßige Handling noch zusätzlich.
Damit man vom Rausch der Geschwindigkeit auch wieder rasch und effektiv runterkommt, sorgt vorne eine 300 mm und hinten eine 220 mm Scheibe. Während die Vorderradbremse gute Dosierbarkeit an den Tag legt, ist die Hinterradbremse eher schwammig und undurchsichtig. Mit etwas Zeit und Gewöhnung funktioniert es dann auch ausreichend gut, doch präzise Bremserei darf man sich nicht erwarten.
Alltagstauglichkeit der SWM Varez 125
Bei alltäglichen Fahrten am Weg in die Arbeit oder Schule fallen solche kleinen Mankos aber fast nicht ins Gewicht. Viel wichtiger ist da die Sitzposition und der Spritverbrauch. Die Sitzposition ist angenem aufrecht, natürlich und wäre wirklich Einsteiger-freundlich, wenn man nicht so verdammt hoch sitzen würde. Kleinere Fahranfänger werden mit der Höhe zu kämpfen haben. Über den Spritverbrauch freut sich im Gegensatz dazu jeder. Wie hoch der Spritverbrauch genau ist, kann ich euch nicht sagen, denn am Display gibt es keine Verbrauchsanzeige und auch bei den technischen Spezifiaktionen von SWM ist nichts angegeben. Doch es muss sehr niedrig sein. Wiener Neustadt - Wien - Wiener Neustadt: Mit einigen kurzen Zwischenfahrten eine Strecke von ca. 120 Kilometer. Nach diesen 120 Kilometern hatte die Tankanzeige der Varez 125 erst einen von sechs Strichen verloren. Auch wenn sich die Tankanzeige gegen Ende schneller leeren sollte, mit dem 14 Liter Tank kommt man schon ziemlich weit.
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